Es hält sich hartnäckig die Meinung, dass netzbedingte Probleme im wesentlichen auf den Energieversorger zurückzuführen sind. Diese Behauptung ist nur zum Teil korrekt. Die Realität ist viel komplexer. Die Quelle der Netzstörungen kann sowohl beim Energieversorger als auch beim Energieabnehmer liegen. Fakt ist allerdings, dass 85% der Netzqualitätsstörungen "hausgemacht" sind, also von Anlagenbetreibern verursacht werden.
Energieversorger:
Das Zu- bzw. Abschalten von größeren Lasten seitens der Energieversorger kann unter Umständen zu Spannungsänderungen (Unter- bzw. Überspannung) oder zu Frequenzschwankungen im dynamischen Netz führen. Diese Netzrückwirkungen setzen sich im gesamten Netz fort und beeinflussen die Funktionsweise von sensiblen Geräten wie z.B. Gleichrichter, Netzwerken oder SPS-Anlagen.
Betriebsmittel (Verbraucher):
Oberschwingungen werden von nichtlinearen Verbrauchern wie z. B. Thyristoren, IGBT´s und Varistoren verursacht. Diese Komponenten werden u.a. in Gleichstromversorgungen (Netzteilen), Computern, elektronischen Vorschaltgeräten und Dimmern sowie in Stromrichtern und Frequenzumrichtern in Motorantrieben mit regelbarer Drehzahl verbaut. Die moderne Elektronik arbeitet mit Kleinspannung. Dabei wird der eingehende Wechselstrom zunächst über einen Brückengleichrichter gleichgerichtet und mittels Glättungskondensator ausgeglättet.
Der Strom, den diese Verbraucher aufnehmen, ist pulsförmig. Dies kommt von der stoßartig erfolgenden Aufladung des Glättungskondensators hinter dem Gleichrichter. Durch die stoßartige Aufladung wird der Strom in seiner Form verändert, er ist nicht mehr rein sinusförmig, sondern mit Oberschwingungsströmen überlagert. Die Folge für den Verbraucher ist nun, dass der Verbraucherstrom dem Netz nicht mehr sinusförmig entnommen werden kann.
Da die Frequenzen von Spannung und Strom über die Netzimpedanz verknüpft sind, erzeugen sie Stromverzerrungen sowie Spannungsverzerrungen an den Klemmen und umgekehrt. Ist der Strom an linearen Verbrauchern nicht verzerrt, also sinusförmig, und weist die Spannung eine andere Form auf, also nicht sinusförmig, so nimmt der Strom an den Netzklemmen auch eine nichtsinusförmige Form an. In nachfolgender Tabelle sind die Phänomene und ihre Ursachen beschrieben.
Phänomen |
Hauptursache |
Begrenzbar durch |
---|
|
|
Versorger |
Verbraucher |
---|
Frequenzschwankungen |
Laständerungen, Verlust von Erzeugung |
ja |
nein |
Langsame Spannungsänderungen |
Laständerungen |
ja |
nein |
Schnelle Spannungsänderungen / Flicker |
Schaltungen, spezielle Lasten |
nein |
ja |
Spannungsunsymmetrie |
unsymmetrische Belastung der Phasen |
teilweise |
ja |
Oberschwingungen und Zwischenharmonische |
Spezielle Geräte |
teilweise |
ja |
Signalspannungen |
Informationsübertragung |
ja |
ja |
Gleichströme- oder spannungen |
Spezielle Geräte (Einweggleichrichter) |
nein |
ja |
Spannungseinbrüche und -unterbrechungen |
Fehler im Versorger-, Verbrauchersnetz (Kurzschlüsse, Unterbrechungen) |
nein |
nein |
Zeitweilige Überspannung |
Fehler im Verbrauchernetz; Resonanzen im Netz |
nein / teilweise |
teilweise / ja |
Transiente Überspannung |
Blitzeinschläge, Schaltvorgänge |
nein |
nein |